24.02.10 16:48 Alter: 15 Monat(e)
Behindertenrechte: EU tritt erstmals UN-Menschenrechtsabkommen bei
Am 26. November vergangenen Jahres hat der Rat entschieden – die EU wird erstmals Vertragspartei eines UN-Menschenrechtsabkommens. Doch bevor die EU als ganzes rechtskräftig Vertragspartei des „Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" wird, sollen nach dem Willen des Rates erst einmal alle EU-Staaten das Abkommen ratifizieren. Millionen von Behinderten warteten auf die Ratifizierung, unterstrichen am Montag Abgeordnete und Betroffene bei einer Anhörung im Europaparlament.
Die Bedeutung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen besteht aus Sicht von Behindertenverbänden vor allem darin, dass die Rechte von Behinderten unter Berücksichtigung aller Lebensbereiche analysiert und detailliert beschrieben werden.
Barrierefreiheit als Recht
Menschen mit Behinderung werden in dem Übereinkommen nicht als Objekt sozialpolitischer Maßnahmen oder als Empfänger staatlicher Hilfe gesehen, sondern als Inhaber von unveräußerlichen Menschenrechten.
Behinderung wird in der Konvention nicht als feststehender Zustand, sondern als ein Prozess verstanden, der dazu führen kann, dass Menschen (aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen) auf „Barrieren“ stoßen, die sie an der gleichberechtigten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben hindern.
Artikel 9 der Konvention verpflichtet daher die Vertragsparteien dazu, Maßnahmen zu treffen, damit Hindernisse und Zugangsbarrieren für Behinderte beseitigt werden. Dies betrifft beispielsweise Gebäude, Straßen, Transportmittel, Schulen, Wohnhäuser, medizinische Einrichtungen und Arbeitsstätten, aber auch Informationen, die von öffentlichem Interesse sind und die daher Behinderten zugänglich gemacht werden müssen.
Über die Hälfte der EU-Staaten hat noch nicht ratifiziert
Am Montagnachmittag befasste sich der Unterausschuss für Menschenrechte mit der Ratifizierung des Abkommens durch die EU und die einzelnen Mitgliedsstaaten. Viele Teilnehmer der Anhörung zeigten sich besorgt, dass die Ratifizierung durch alle 27 Mitgliedsstaaten noch Jahre dauern könne.
Bisher haben 13 EU-Staaten das Abkommen ratifiziert: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien, Slowenien, Ungarn und die Tschechischen Republik.
Kritik an Vorbehalt des Rates
Der Rat hatte in seiner Entscheidung über den EU-Beitritt zu dem Abkommen darauf hingewiesen, dass die EU „und die Mitgliedstaaten Vertragsparteien des Übereinkommens werden sollten, so dass sie gemeinsam die ihnen durch das Übereinkommen auferlegten Verpflichtungen erfüllen und die ihnen übertragenen Rechte in Fällen gemischter Zuständigkeit in kohärenter Weise ausüben können”.
Der Behindertenverband European Disability Forum kritisiert bei der Anhörung die Entscheidung des Rates, die Ratifizierungsurkunde der EU erst bei der UNO hinterlegen zu wollen, wenn alle Mitgliedstaaten das Abkommen für sich auch ratifiziert haben. Dies sei eine politische Entscheidung und keine juristische.
Sie führe in der Konsequenz dazu, dass Behinderte etwa in Italien ihre Rechte in Bezug auf nationale Gesetzgebung einfordern könnten, aber gegenüber der EU und in Bezug auf das Europarecht erst, wenn auch der allerletzte EU-Staat das Abkommen ratifiziert haben wird.
Die Vorsitzende des Unterausschusses für Menschenrechte, die finnische Grünen-Abgeordnete Heidi Hautala, äußerte den Verdacht, dass viele EU-Staaten die Ratifizierung hinauszögerten, weil sie die Kosten fürchten, die neue Maßnahmen zugunsten der Behinderten mit sich bringen könnten.