Die europäische Regelung der LKW-Maut soll nicht zuletzt dazu dienen, den freien Warenverkehr zu ermöglichen und die Diskriminierung von Spediteuren aus anderen EU-Staaten zu verhindern.
Als die ursprüngliche sogenannte Eurovignette-Richtlinie 2006 verabschiedet wurde, hatte das Parlament eine Revisionsklausel durchgesetzt. Sie sah vor, dass die EU-Kommission Vorschläge unterbreitet, wie externe Kosten in die LKW-Maut einbezogen werden können. Nach dem Stand von 2006 ist es den EU-Ländern untersagt, solche Kosten einzubeziehen.
Die Kommission hatte im vergangenen Jahr entsprechend vorgeschlagen, im Rahmen einer Novellierung der Richtlinie, zu erlauben, dass durch Lärm, Luftverschmutzung und Staus verursachte Kosten in die Straßenbenutzungsgebühren für LKWs einbezogen werden sollten.
Außerdem soll es möglich werden, eine LKW-Maut oder Gebühr nicht nur wie bisher für die Hauptverkehrsrouten, sondern auch auf Neben- (und Ausweich-) Strecken zu erheben.
Grundlage der Richtlinie: das „Verursacher-Prinzip“
Der belgische Europa-Abgeordnete Saïd El Khadraoui (SPE), der für den Verkehrsausschuss den Bericht über die Novellierung vorbereitet hat, betont die Belastungen für Mensch und Umwelt, die der Güterverkehr mit sich bringt.
Die Speditionsbranche sollte sich daher darum bemühen, die externen Kosten, die sie für die Gesellschaft verursacht, einzudämmen. „Wir wollen ein System, in dem derjenige die gesellschaftlichen Kosten trägt, der sie verantwortet und nicht die Gesellschaft insgesamt.“
Sein Landsmann Dirk Sterckx, Mitglied der liberalen Fraktion (ALDE), ergänzt: „Es geht darum, die Verursacher der Belastungen den wahren – das heißt: den gesamten – Preis dafür zahlen zu lassen.“
Einig übers Prinzip, Meinungsverschiedenheiten bei den Details
Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, die Unternehmen für die Kosten durch Lärmbelastung, Staus und Luftverschmutzung zur Kasse zu bitten. Im Verkehrsausschuss stehen über 500 Änderungsanträge zu dem Vorschlag zur Abstimmung.
Die Fraktionen sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob die Unternehmen zusätzlich für ihren CO2-Ausstoß belastet werden sollten. Umgekehrt wollen einige die Kosten für Staus (anders als die Kommission) nicht in die Gebühren einbeziehen.
Die niederländische Christdemokratin Corien Wortmann-Kool (Europäische Volkspartei – Europäische Demokraten, EVP-ED) ist dagegen, Kosten durch Staus zu brücksichtigen: „Das löst keinen Stau auf und behebt nicht das Problem. Außerdem verursachen auch PKWs Staus.“
Die österreichische Grünen-Abgeordnete Eva Lichtenberger wendet hingegen ein, dass alle externen Kosten bedacht werden müssten: „Natürlich sind mehr PKW als LKW auf den Straßen; doch LKW sind in vielerlei Hinsicht eine größere Belastung: Sie schaden den Straßen mehr als PKWs und stoßen mehr Abgase aus.“
Dirk Sterckx wiederum betont, die liberale Fraktion unterstütze den Kommissionsvorschlag und wolle weder zusätzlich externe Kostenfaktoren einbeziehen noch vorgesehene streichen.
Berichterstatter El Khadraoui strebt nach einen Kompromiss: „Ich habe vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten, die den Stau-Faktor einbeziehen wollen, gewährleisten müssen, dass andere Fahrzeuge in vergleichbarer Form belastet werden.“
In Sachen CO2 – also dem Beitrag der Brummis zum Klimawandel – schlägt der Berichterstatter vor, dass dieser Kostenfaktor „internalisiert“ werden könne, soweit dies nicht bereits durch andere Gebühren oder Steuern geschieht.
Einigkeit über Verwendung der Mehreinnahmen
Anders als die Mitgliedsstaaten im Rat der EU sind sich die Verkehrsexperten im Parlament fraktionsübergreifend einig, dass Zusatzeinnahmen durch das Einbeziehen von externen Kosten in Maut und Benutzungsgebühren zweckgebunden sein und etwa für Lärmschutz, verbrauchsmindernde Straßenbeläge oder Investitionen in umweltfreundliche Verkehrsmittel eingesetzt werden sollten.
Der niederländische EU-Abgeordnete Hans Blokland (Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie) hofft, die Zusatzeinnahmen könnten beispielsweise dazu dienen, „Lärmschutzwälle zu finanzieren“.
Dirk Sterckx glaubt, dass die Verkehrsminister eine Zweckbindung ebenfalls befürworten würden, dass jedoch „die Finanzminister nicht wollen, dass Europa ihnen diktiert, wie sie ihre Einnahmen zu verwenden haben“.
Berichterstatter El Khadraoui sieht ebenfalls schwierige Verhandlungen mit dem Ministerrat vorher und setzt auf das Argument, dass es sich nicht um eine „gewöhnliche Steuer handelt, sondern eine Abgabe auf externe Kosten, die dazu führen soll diese externen Kosten zu reduzieren“.
Für die Abstimmung am Mittwochmorgen liegen dem Verkehrsausschuss über 500 Änderungsanträge zur vor. Die Abstimmung im Plenum ist für den 10. März geplant.