19.12.08 19:50 Alter: 16 Monat(e)

Europaweite Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften

Das Europäische Parlament hat heute über die Richtlinie zur "Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften" abgestimmt. Die neuen Vorschriften betreffen Verkehrsdelikte wie Geschwindigkeitsübertretungen, Trunkenheit im Straßenverkehr, das Nichtanlegen eines Sicherheitsgurtes oder das Überfahren eines roten Stopplichts, die Autofahrer in einem anderen Mitgliedsstaat als dem ihrigen begangen haben.

Laut Berichterstatterin Inés AYALA SENDER (SPE, Spanien) folgen auf im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedsstaaten begangene Zuwiderhandlungen meist Sanktionen "ohne Wirkung". "Diese relative Straflosigkeit kann die Ziele der Straßenverkehrssicherheit schwächen, denn sie verleitet die Autofahrer dazu, die nationalen Straßenverkehrsbestimmungen nicht zu beachten, weil sie das Gefühl haben, vor Sanktionen sicher zu sein."
 
Mehr Sicherheit auf Europas Straßen
 
Die EU hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrstoten in allen 27 Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Die Fortschritte bei der Verringerung der Unfallopferzahlen haben sich zwischen 2001 und 2007 allerdings verlangsamt. 2007 war kein Fortschritt zu verzeichnen, die Zahl der Unfalltoten in der EU stagnierte.
 
Nach einer 2007 abgeschlossenen Folgenabschätzungsstudie sind 30 % der tödlichen Verkehrsunfälle auf überhöhte Geschwindigkeit, 25 % auf Alkohol am Steuer, 17 % auf das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts und 4 % auf das Überfahren eines roten Stopplichts zurückzuführen. Bei mehr als 75 % aller tödlichen Unfälle ist demnach (zumindest) eines der genannten vier Delikte ursächlich.
 
Strafzettel aus dem europäischen Ausland

 
Der grenzübergreifende Informationsaustausch soll auf elektronischem Wege erfolgen. Hierfür soll ein EU-weites elektronisches Netz aufgebaut werden, das den Informationsaustausch auf sicherem Wege ermöglicht und die Vertraulichkeit der übermittelten Daten gewährleistet.
 
Der Deliktbescheid soll Angaben zur Höhe der Geldbuße sowie zu Zahlungsmodalitäten, Zahlungsfrist und Möglichkeiten zur Anfechtung des Bescheids enthalten.
 
Was passiert, wenn nicht gezahlt wird?
 
Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ihre Kontrollpraktiken zu harmonisieren, damit sie auf Unionsebene vergleichbar sind. Auch Bußgelder sowie die technische Ausrüstung für Verkehrssicherheit sollten zukünftig harmonisiert werden.
 
Weigert sich ein Verkehrssünder zu zahlen, so soll der Fall von der zuständigen Behörde des Staates, in dem das Delikt begangen wurde, geprüft werden. Der Adressat des Deliktbescheids muss zudem darüber unterrichtet werden, dass seine Zahlungsverweigerung den Behörden seines Wohnsitzstaates übermittelt werden kann, um Zuwiderhandlungen und Entscheidungen über die Verhängung von Sanktionen besser verfolgen zu können.
 
EU-weite Verkehrssicherheitsvorschriften

 
Die neue Richtlinie ist darauf ausgerichtet, die Anzahl der Geschwindigkeitskontrollen in den Mitgliedsstaaten, in denen die Zahl der Verkehrstoten über dem Durchschnitt und die Abnahme der Verkehrstoten unter dem Durchschnitt der Europäischen Union liegt, um 30 % zu erhöhen. Hinsichtlich von Trunkenheit im Straßenverkehr sollen die Mitgliedsstaaten vorrangig im Stichprobenverfahren für Kontrolle sorgen. Mindestens 30 % der Autofahrer sollen ein Mal im Jahr kontrolliert werden können.
 
Die Mitgliedstaaten, in denen weniger als 70 % der Bevölkerung Sicherheitsgurte anlegen, sollen während mindestens sechs Wochen pro Jahr intensive Kontrolleinsätze durchführen. Bezüglich des Überfahrens roter Stopplichter sollen vorzugsweise automatische Kontrollgeräte an den Kreuzungen eingesetzt werden, an denen das Überfahren häufig vorkommt und an denen eine überdurchschnittliche Anzahl von Unfällen im Zusammenhang mit dem Überfahren einer roten Ampel festzustellen ist.

 
Überarbeitung nach zwei Jahren
 
Zudem wird vorgeschlagen, die Kommission zu verpflichten, zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie Vorschläge zu deren Aktualisierung vorzulegen, "insbesondere was die Effizienz ihrer Durchführung, ihren Anwendungsbereich, die Kontrollpraktiken und die Normierung der Kontrollgeräte anbelangt." Auch bestehe die Möglichkeit, andere Kategorien von Verkehrsverstößen in den Geltungsbereich der Richtlinie einzubeziehen.
 
Problematische Rechtsgrundlage

 
Mehrere Mitgliedsstaaten weigern sich jedoch, die nötige Rechtsgrundlage für eine schnelle Verabschiedung der Vorschläge zu akzeptieren. Die Berichterstatterin erklärte, sie sei sehr überrascht darüber, dass jene, die eine Rechtsgrundlage basierend auf der dritten Säule fordern, sich nicht über die Ineffektivität der Instrumente, die bereits auf dieser  Grundlage verabschiedet wurden, im Klaren seien. "Dies ist ein falsches und ungültiges Argument", so Ayala Sender. "Wenn es um ein solch wichtiges Thema für die Europäische Bevölkerung geht, kann das Europäische Parlament nicht akzeptieren, vom Entscheidungsverfahren ausgeschlossen zu werden."
 
Parlament und Kommission sind der Ansicht, dass der Vorschlag auf der ersten Säule basiert, da die Union Kompetenzen für die Transportsicherheit besitze.
 

594 Abgeordnete stimmten für den Bericht, 35 dagegen, 40 enthielten sich der Stimme.
 
Berichterstatterin: Inés AYALA SENDER (SPE, Spanien)
Bericht: (A6-0371/2008) - Grenzübergreifende Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften
Verfahren: Mitentscheidungsverfahren, 1. Lesung
Aussprache: Dienstag, 16.12.2008
Abstimmung: Mittwoch, 17.12.2008


 

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