14.10.08 12:25 Alter: 16 Monat(e)
EU-Blue-Card „Wir müssen Tür für legale Zuwanderung öffnen“
Die Einführung einer EU-Blue-Card stand am Montag im Innenausschuss des Europaparlaments auf der Tagesordnung. Die Blue Card soll es für „hoch qualifizierte“ potenzielle Zuwanderer attraktiver machen, in der EU zu leben und zu arbeiten. Vor der Ausschusssitzung sprachen wir mit der niedersächsischen Europa-Abgeordneten Ewa Klamt (CDU).
Die Europäische Union sieht einem Mangel an Fachkräften entgegen: Innerhalb der nächsten zwanzig Jahre, so die Prognose, wird es EU-weit an 20 Millionen ausgebildeten Arbeitskräften mangeln. Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten könnte den Engpass vermeiden oder zumindest vermindern.
Aus diesem Grund hatte die Europäische Kommission im Oktober 2007 einen Vorschlag zur Einführung einer Blue Card vorgelegt – einer alle zwei Jahre erneuerbaren Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für nicht-europäische Fachkräfte nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Green Card“.
Die Blue Card
Mit der Blue Card würden EU-weite Standards für die nötigen Zulassungsverfahren von nicht-europäischen Fachkräften gesetzt. Die Entscheidung darüber, wie viele Fachkräfte aufgenommen würden, bliebe jedoch den einzelnen EU-Staaten überlassen.
Die Blue Card würde es den eingewanderten Arbeitnehmern auch erlauben, ihre engeren Familienangehörigen in die EU mitzubringen. Nach zwei Jahren stünde es ihnen unter bestimmten Bedingungen und ein entsprechendes Arbeitsangebot vorausgesetzt frei, in ein anderes EU-Land zu ziehen. Nach fünf Jahren Arbeitsaufenthalt in der EU würde ihnen eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung zuteil.
Fachkräfte dringend gesucht
Wie Europaparlamentariern Ewa Klamt betont, benötigt die EU dringend Fachkräfte: In Deutschland allein fehlten 95.000 Ingenieure – ein Mangel, dem nur 20.000 Hochschul-Absolventen gegenüber stünden. Von den qualifizierten Arbeitern aus Nordafrika wandere jeder zweite nach Nordamerika aus – und nur jeder zwanzigste ins nahe Europa.
Europa brauche daher einheitlichere Regeln: „Im Moment haben wir 27 verschiedene Vorschriften“. Eine Angleichung sei auch nötig, um illegale Einwanderung einzudämmen: „Wenn man illegale Einwanderung verhindern will, muss man gleichzeitig eine Tür für die legale Zuwanderung öffnen“.
Doch wie kann nachgewiesen werden, dass die Einwanderer wirklich „hoch qualifiziert“ sind? Für Ewa Klamt gibt es zwei Möglichkeiten, die geforderte Qualifikation nachzuweisen: Bildung und Berufserfahrung. Hochschul-Absolventen, so Klamt, müssten mindestens drei Jahre studiert haben, Praktiker müssten mindestens fünf Jahre Berufserfahrung mitbringen, davon mindestens zwei in leitender Position.
Außerdem soll nach Auffassung der Berichterstatterin für die Erteilung der Blue Card Voraussetzung sein, dass die Bezahlung des jeweiligen Zuwanderers mindestes 70% über dem Durchschnittsgehalt im Aufnahmeland liegt. Die Kommission hatte ein dreifaches des Existenzminimums vorgeschlagen.
Anders als der Kommissionsvorschlag sieht Klamts Bericht keine Altersbegrenzungen vor.
Die EU als Auslöser eines „Brain Drains“ in der dritten Welt?
Kritiker der Blue-Card-Pläne befürchten, dass die Initiative einen „Brain Drain“ auslöst, der die am besten qualifizierten Arbeitskräfte aus Entwicklungs- und Schwellenländern nach Europa lenkt und somit zu einem Fachkräftemangel in den Herkunftsländern führt.
Ewa Klamt unterstreicht jedoch, dass sich die EU ihrer Verantwortung bewusst ist: „Gerade in den für Entwicklungsländer wichtigen Bereichen Gesundheit und Bildung werden wir uns beschränken müssen.“
Dennoch gebe es auch hier einen globalen Wettbewerb um die besten Fachkräfte, dem sich die EU nicht gänzlich entziehen könne. Ein Kompromiss sieht vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten Blue-Card-Bewerber ablehnen können, für deren Qualifikation in ihrem Heimatland ein Mangel herrscht.
Klamt: Mehr Konsens über Blue Card im Parlament als im Rat
Ewa Klamt glaubt, dass unter den Fraktionen des Europäischen Parlaments eine weitgehende Übereinstimmung zum Thema Blue Card herrscht – größere Übereinstimmung als zwischen den Regierungen, die sich im Ministerrat mit dem Thema befassen.
Die Abstimmung im Innen-Ausschuss ist für die erste Novemberwoche vorgesehen. Die Position des Parlaments ist in diesem Fall beratender Natur.